Kurzbeschreibung der Workshops

Körperlichkeit und Sexualität bei Menschen mit Komplexer Behinderung

München, 15./16. März 2024

WS-A

Körperlichkeit und Selbstbestimmung – Vertiefung und Diskussion zum LIS-Konzept

Referent:innen:
Maren Seelandt
Diplom-Sozialpädagogin, Bereichsleitung bei Leben mit Behinderung Hamburg gGmbH, Hamburg

Ilona Westphal
M. Ed. Sonderpädagogik, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Inklusive Bildungsprozesse bei geistiger und mehrfacher Behinderung an der Universität Erfurt

Im Rahmen der Sexualitätsbegleitung im Kontext Komplexer Behinderung stellen sich folgende Fragen: (a) Wie kann sexuelle Selbstbestimmung und sexuelles Erleben bei Personen, die sich nicht eindeutig mitteilen können, gezielt gefördert werden? und (b) Wie kann sexuelle Selbstbestimmung und sexuelles Erleben für die Personengruppe gemäß individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung der persönlichen Wünsche ermöglicht bzw. gewährleistet werden? Als mögliche Antwort wird das LIS-Konzept vorgestellt, das auf vier Handlungsebenen basiert: (1) sexuelle Bildung von Personen mit Komplexer Behinderung, (2) Schulung direkter Betreuungspersonen, (3) direkte Erhebung persönlicher Faktoren, die Lust und Interesse auslösen, sowie die Erhebung persönlicher Stärken, (4) indirekte Erhebung persönlicher Faktoren mithilfe kriteriengeleiteter Fragen zu Lust, Interesse und individuellen Stärken im multiplen-Stellvertreter:innen-System. Das Konzept befindet sich derzeit in der Entwicklung. Gemeinsam schauen wir uns den LIS-Fragenkatalog an und diskutieren Grenzen, Herausforderungen und Gelingensbedingungen der Umsetzung.

WS-B

Somatischer Dialog: Berührung und Begegnung in der Basalen Stimulation

Referentin:
Doris Emde
Dozentin für Pflege, Praxisbegleiterin für Basale Stimulation in der Pflege nach Andreas Fröhlich

Kommunikation besteht nicht nur aus verbalen, sondern auch aus weiteren Ausdrucksmöglichkeiten:

  • Gestik und Mimik
  • Bewegung, Haltung, Körperspannung (Körpersprache)
  • Atemrhythmus

Bei Menschen mit schwersten Behinderungen liegen auch hier Beeinträchtigungen vor, denn Gestik, Mimik, Körpersprache und Atmung sind so anders, dass sie eine Irritation in unseren Verstehensmöglichkeiten hervorrufen.
Dennoch gibt es eine gemeinsame Kommunikationsbasis zwischen Schwerstbeeinträchtigten Personen und den sie betreuenden Menschen. A. Fröhlich findet diese Basis im Vergleich zum „somatischen Dialog“, auf dem auch die Kommunikation zwischen Mutter und Kind im Säuglingsalter beruht.
Schwerstbeeinträchtigte Menschen sind oft nur über den Körperkontakt in der Lage, die Mitteilungen des anderen wahrzunehmen und vielleicht auch zu verstehen. Für die Begleitung schwerstbehinderter Menschen bedeutet das die Herstellung einer Beziehung mittels

  • Händen
  • Körper
  • Stimme

Doch wie können wir eindeutig kommunizieren? Woran erkenne ich, ob mich mein Gegenüber versteht? Dass wir in Kommunikation sind? Diese und weitere Fragen werden wir im Workshop beantworten und uns in verschiedenen Berührungsqualitäten üben.
Bleib berührt!

WS-C

Umgang mit Körperlichkeit, Scham und Ekel in Pflegesituationen

Referentin
Dr. Helga Schlichting
Förderschullehrerin am Schulzentrum "Janusz-Korczak", wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Leipzig, Leipzig

Pflegehandlungen beziehen sich auf den Körper eines Menschen, wirken auf dessen Wohlgefühl, greifen aber auch in Intimzonen ein und berühren damit seine Sexualität.

Ein achtsamer und wertschätzender Umgang mit dem Körper eines Menschen mit Komplexer Behinderung in Pflegesituationen kann wesentlich zu einem positiven Körpererleben und zu Wohlbefinden beitragen. Eine kompetenzorientierte Pflege eröffnet Möglichkeiten, die Pflege mitzugestalten und mitzubestimmen. Des Weiteren können Menschen während Pflegehandlungen vielfältige Körpererfahrungen sammeln bzw. können dazu ermutigt werden, den eigenen Körper zu erkunden. Dies alles trägt zur Entwicklung eines positiven Körper- und Selbstbildes bei.

Pflegetätigkeiten vollziehen sich in verschiedenen Intimzonen. Insbesondere der Eingriff in den Genitalbereich der gepflegten Person kann als besonders intim wahrgenommen werden, da dieser nicht nur Ausscheidungsfunktion hat, sondern auch mit Sexualität und Erotik in Verbindung gebracht wird. Pflegemaßnahmen in diesem Bereich können deshalb mit Schamgefühlen auf Seiten des Gepflegten als auch der Pflegeperson einhergehen. Ebenso kann insbesondere der Umgang mit Körperausscheidungen als belastend erlebt werden und Ekelgefühle auslösen. Im kollegialen Dialog soll im Workshop darüber nachgedacht werden, wie solchen Situationen im Team begegnet werden kann.

WS-E

Autismusspektrum und Sexualität - anders oder normal oder was?

Referentin:
Simone Hartmann
Diplom-Sozialpädagogin (FH), ProFamilia, Nürnberg

Sexualität ist ein Lebensthema mit unterschiedlichen Entwicklungsschritten und individuellen Ausprägungen.  Dies gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Autismus-Spektrums-Störung.
Der Workshop bietet Denkanstöße zum Thema Sexualität, zur eigenen Haltung und zum professionellen Umgang mit sexuellen Äußerungen und Wünschen von betroffenen Menschen.
Im Kontext des Autismus-Spektrums tauchen häufiger Themen oder Problematiken wie Kommunikationsprobleme, sexualisiertes Verhalten in der Öffentlichkeit, grenzüberschreitende Handlungen, ungewöhnliche sexuelle Präferenzen oder auch Unsicherheiten in Bezug auf die eigene Geschlechtsidentität bzw. Transidentität auf.
Wir beschäftigen uns an einigen Stellen vertiefter mit einigen Aspekten von Sexualität und nehmen dabei auch Lebensbedingungen und Lebenswirklichkeiten in den Blick.
Eine gemeinsame Sammlung zu Themen, Herausforderungen und möglichen Unterstützungs- und Lösungsideen zum Umgang mit sexuellen Äußerungen und Handlungen des Menschen mit Autismus zeigt die Bandbreite von sexuellen Realitäten auf.
Dies kann zu einem besseren Verständnis von allgemeinen Zusammenhängen und individuellem Verhalten beitragen.
Gerne können eigene Erfahrungen und einzelne Situationsbeschreibungen eingebracht werden und bereichern den Workshop, aber auch ein grundsätzliches Interesse ohne konkrete Fragenstellungen ist willkommen.

WS-F

Sexualbegleitung und Sexualassistenz als Chance zu mehr Selbstbestimmung
(ausgebucht)

Referent:innen:
Pia Hoffmann
Empower Sexualbegleiterin und Sexualberaterin ISBB, Duisburg

Thomas Äffner
Sexualbegleiter ISBB, Mobile Praxis für Entspannung, Duisburg

Jeder Mensch hat das Recht selbst über seine Sexualität zu bestimmen – aber nicht jedem ist es möglich, einen passenden Partner zu finden, mit dem das auch auszuleben ist.
Menschen, die auch sonst auf Assistenz angewiesen sind, brauchen auch auf sexuellem Gebiet professionelle Hilfe: Sexualassistenz.
Menschen, die noch keine (positiven) Erfahrungen auf sexuellem Gebiet gemacht haben, brauchen Übungspartner, mit denen sie entsprechendes Verhalten lernen und einüben können: Sexualbegleitung. Sexualbegleitung ist auch ein emanzipatorisches Angebot, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sexualbegleitung ist Empowerment.
Wir stellen unsere Arbeit vor, berichten aus der Praxis von konkreten Erlebnissen und Ergebnissen und beantworten gerne Ihre Fragen.

WS-G

Stop, mein Körper gehört mir! Wie sage ich meinen Willen? (in leichter Sprache)

Referent:innen:
Veronika Behsen
Fachkraft in der Assistenz, Sexualpädagogin (ISP), Mitarbeiterin bei Leben mit Behinderung, Hamburg

Carina Haase
Fachkraft in der Assistenz, Sexualpädagogin (ISP), Mitarbeiterin bei Leben mit Behinderung, Hamburg

Jeder Mensch hat Grenzen, die alle anderen beachten müssen.
Jeder Mensch hat das Recht über den eigenen Körper selbst zu bestimmen.
Niemand darf etwas mit Ihnen machen, was Sie nicht wollen.
Sie bestimmen selbst:
Wie sie angefasst werden möchten.
Von wem sie angefasst werden möchten.
Wie sie gepflegt werden möchten.
Sie haben das Recht zu sagen: NEIN, ich möchte das nicht!

In diesem Workshop sprechen wir darüber:
Wie kann ich meinen Körper kennen lernen?
Wie sage und zeige ich meinen Willen?
Wie sage und zeige ich meine Grenzen?
Worauf müssen Personen achten,
die Assistenz leisten?
Welche Hindernisse gibt es?

Jeder Mensch hat Ressourcen und Stärken, um den eigenen Willen und die eigenen Grenzen zu zeigen. Wir wollen in diesem Workshop Methoden ausprobieren und darüber diskutieren, wie Menschen im Kontext komplexer Behinderung in ihrer sexuellen Selbstbestimmung gefördert und Barrieren in ihrer Umwelt abgebaut werden können.
Dieser Workshop wird mit Materialien in Leichter bzw. Einfacher Sprache gestaltet.

WS-H

Echt mein Recht! Gesetze und Grenzen

Referent:innen:
Kerrin Stumpf LL.M.
Geschäftsführerin bei Leben mit Behinderung Hamburg Elternverein e.V., Hamburg

In diesem Workshop erarbeiten wir anhand von Fallbeispielen die rechtliche Rahmung für sexuelle Selbstbestimmung und die Pflichten von Unterstützungssystemen.
Wer Menschen mit Behinderung in Fragen ihrer Sexualität unterstützt – sei es beratend, betreuend oder assistierend – hat selbst Fragen zu der eigenen Rolle, den Pflichten und Methoden. So grundlegend Sexualität für die Persönlichkeit und ihre Entwicklung ist, so schwierig gestaltet sich der Themenkomplex, wenn Dritte beteiligt sind und Unterstützung leisten (sollen).
Dieser Workshop nähert sich dem Thema anhand konkreter Fallkonstellationen. Betreuungsrecht, Arbeitsrecht, Haftung berühren das Teilhabe- und Persönlichkeitsrecht. Gemeinsam erarbeiten wir Lösungen und lernen die jeweiligen Wertungen kennen, die ihnen zugrunde liegen. Die Teilnehmenden können auch eigene Fallbeispiele zur Bearbeitung einbringen.

WS-I

Sexuelle Bildung bei Kindern und Erwachsenen

Referent:innen:
Gloria Dorsch
Heilpädagogin, Sexualpädagogin (isp), Sexuelle Bildung und Beratung (sebilba), Freising

Sich mit der eigenen Sexualität zu beschäftigen, ist für das Wohlergehen und die Entwicklung aller Menschen von großer Bedeutung.
Personen begleiten zu können, wenn es um das Thema Sexualität geht, erfordert eine einfühlsame Herangehensweise und ein eigenes sexuelles Bewusstsein.
Gemeinsam werden wir in diesem Workshop die Unterschiede der kindlichen und der Erwachsenen-Sexualität erkunden. Dabei berücksichtigen wir mögliche Erschwernisse in der Sexual-Biografie.
Wir besprechen Ideen und probieren uns aus, wie wir mögliche (materielle) Antworten, auf (körperliche) Fragen von Menschen mit komplexer Behinderung im Bereich Sexualität geben können:
Um sie auf ihrem Weg der sexuellen Entwicklung gut zu begleiten.

WS-K

Behinderung ist kein Ausschluss für Liebe und Sexualität

Referent:innen:
Madeline Achenbach
Laura-Jane Dankesreiter
Selbst Betroffene aus der Grünen Bande - Jugendclub des Bundesverbandes Kinderhospiz e.V.

Lasst uns sprechen! Redet nicht über uns, sondern mit uns! Wir, die von chronischen und lebensverkürzenden Krankheiten Betroffenen, sind hier, um unsere Stimmen zu erheben. Unsere Bedürfnisse nach Liebe, Partnerschaft und Sexualität werden viel zu oft negiert. Doch auch wir sehnen uns nach diesen Erfahrungen. Vielleicht funktionieren manche Dinge bei uns ein wenig anders oder erfordern andere Voraussetzungen, aber nichts ist unmöglich!
In unserem Vortrag werden wir dir zeigen, wie genau all das aussehen kann. Und wenn du Fragen an Menschen hast, die in ähnlichen Situationen sind, dann bist du hier genau richtig. Denn wir sind hier, um deine Fragen ehrlich und aus erster Hand zu beantworten. Lass uns gemeinsam eine Stimme haben und für unsere Bedürfnisse kämpfen.

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