Kurzbeschreibung der Workshops

Körperlichkeit und Sexualität bei Menschen mit Komplexer Behinderung

Hamburg, 26. und 27. April 2024

WS-A

Körperlichkeit und Selbstbestimmung – Vertiefung und Diskussion zum LIS-Konzept

Referentin:

Ilona Westphal
M. Ed. Sonderpädagogik, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Inklusive Bildungsprozesse bei geistiger und mehrfacher Behinderung an der Universität Erfurt

Im Rahmen der Sexualitätsbegleitung im Kontext Komplexer Behinderung stellen sich folgende Fragen: (a) Wie kann sexuelle Selbstbestimmung und sexuelles Erleben bei Personen, die sich nicht eindeutig mitteilen können, gezielt gefördert werden? und (b) Wie kann sexuelle Selbstbestimmung und sexuelles Erleben für die Personengruppe gemäß individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung der persönlichen Wünsche ermöglicht bzw. gewährleistet werden? Als mögliche Antwort wird das LIS-Konzept vorgestellt, das auf vier Handlungsebenen basiert: (1) sexuelle Bildung von Personen mit Komplexer Behinderung, (2) Schulung direkter Betreuungspersonen, (3) direkte Erhebung persönlicher Faktoren, die Lust und Interesse auslösen, sowie die Erhebung persönlicher Stärken, (4) indirekte Erhebung persönlicher Faktoren mithilfe kriteriengeleiteter Fragen zu Lust, Interesse und individuellen Stärken im multiplen-Stellvertreter*innen-System. Das Konzept befindet sich derzeit in der Entwicklung. Gemeinsam schauen wir uns den LIS-Fragenkatalog an und diskutieren Grenzen, Herausforderungen und Gelingensbedingungen der Umsetzung.

WS-B

Somatischer Dialog: Berührung und Begegnung in der Basalen Stimulation

Referentin:
Uta Reimers
Kinderkrankenschwester, Palliativecarefachkraft, Praxisbegleiterin für Basale Stimulation, Hamburg

Kommunikation besteht nicht nur aus verbalen, sondern auch aus weiteren Ausdrucksmöglichkeiten:

  • Gestik und Mimik
  • Bewegung, Haltung, Körperspannung (Körpersprache)
  • Atemrhythmus

Bei Menschen mit schwersten Behinderungen liegen auch hier Beeinträchtigungen vor, denn Gestik, Mimik, Körpersprache und Atmung sind so anders, dass sie eine Irritation in unseren Verstehensmöglichkeiten hervorrufen.
Dennoch gibt es eine gemeinsame Kommunikationsbasis zwischen Schwerstbeeinträchtigten Personen und den sie betreuenden Menschen. A. Fröhlich findet diese Basis im Vergleich zum „somatischen Dialog“, auf dem auch die Kommunikation zwischen Mutter und Kind im Säuglingsalter beruht.
Schwerstbeeinträchtigte Menschen sind oft nur über den Körperkontakt in der Lage, die Mitteilungen des anderen wahrzunehmen und vielleicht auch zu verstehen. Für die Begleitung schwerstbehinderter Menschen bedeutet das die Herstellung einer Beziehung mittels

  • Händen
  • Körper
  • Stimme

Doch wie können wir eindeutig kommunizieren? Woran erkenne ich, ob mich mein Gegenüber versteht? Dass wir in Kommunikation sind? Diese und weitere Fragen werden wir im Workshop beantworten und uns in verschiedenen Berührungsqualitäten üben.
Bleib berührt!

WS-C

Umgang mit Körperlichkeit, Scham und Ekel in Pflegesituationen

Referentin
Dr. Helga Schlichting
Förderschullehrerin am Schulzentrum "Janusz-Korczak", wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Leipzig, Leipzig

Pflegehandlungen beziehen sich auf den Körper eines Menschen, wirken auf dessen Wohlgefühl, greifen aber auch in Intimzonen ein und berühren damit seine Sexualität.

Ein achtsamer und wertschätzender Umgang mit dem Körper eines Menschen mit Komplexer Behinderung in Pflegesituationen kann wesentlich zu einem positiven Körpererleben und zu Wohlbefinden beitragen. Eine kompetenzorientierte Pflege eröffnet Möglichkeiten, die Pflege mitzugestalten und mitzubestimmen. Des Weiteren können Menschen während Pflegehandlungen vielfältige Körpererfahrungen sammeln bzw. können dazu ermutigt werden, den eigenen Körper zu erkunden. Dies alles trägt zur Entwicklung eines positiven Körper- und Selbstbildes bei.

Pflegetätigkeiten vollziehen sich in verschiedenen Intimzonen. Insbesondere der Eingriff in den Genitalbereich der gepflegten Person kann als besonders intim wahrgenommen werden, da dieser nicht nur Ausscheidungsfunktion hat, sondern auch mit Sexualität und Erotik in Verbindung gebracht wird. Pflegemaßnahmen in diesem Bereich können deshalb mit Schamgefühlen auf Seiten des Gepflegten als auch der Pflegeperson einhergehen. Ebenso kann insbesondere der Umgang mit Körperausscheidungen als belastend erlebt werden und Ekelgefühle auslösen. Im kollegialen Dialog soll im Workshop darüber nachgedacht werden, wie solchen Situationen im Team begegnet werden kann.

WS-D

Lagerung in Neutralstellung (LIN) - Positionierung neu gedacht

Referentin:
Bianca Schmidt-Maciejewski

Advanced Practice Nurse, Leitung Stabsstelle Pflegekompetenz, Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand, Hamburg

Das Konzept der Lagerung in Neutralstellung – LiN wurde von der Physiotherapeutin Dr. Heidrun Pickenbrock basierend auf neurophysiologischen Grundlagen für Betroffene von Erkrankungen des zentralen Nervensystems und daraus resultierenden Muskeltonusveränderungen entwickelt. Das Ziel der Lagerung in Neutralstellung ist es, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten und zu fördern, den Muskeltonus zu regulieren und positionierungsbedingte Sekundärkomplikationen zu verhindern. Um dies zu erreichen, werden die einzelnen Körperabschnitte so positioniert, dass eine Neutral-Null-Stellung angestrebt wird (Pickenbrock et al., 2015). Der Fokus liegt bei der Positionierung hierbei auf der Stellung der Körperabschnitte zueinander, auf der Vermeidung punktuellen Auflagedrucks und von Hohlräumen, auf der Stabilität des Körpers sowie auf der Bequemlichkeit der Position für die Betroffenen. Es konnten durch wissenschaftliche Untersuchungen positive Effekte der Lagerung in Neutralstellung in Bezug auf eine verbesserte Gelenkbeweglichkeit und Bequemlichkeit (Pickenbrock et al., 2015) sowie eine Reduzierung des Auflagedruckes (Pickenbrock et al., 2017) nachgewiesen werden.
In dem Workshop „Lagerung in Neutragstellung – Positionierung neu gedacht“ werden theoretische Grundlagen des Konzepts sowie die Basistechniken vermittelt. Zusätzlich haben die Workshopteilnehmenden die Möglichkeit eine LiN-Position selbst praktisch zu üben.

WS-E

Autismus-Spektrum und Sexualität- anders oder normal oder was?

Referentin:
Simone Hartmann
Diplom-Sozialpädagogin (FH), ProFamilia, Nürnberg

Sexualität ist ein Lebensthema mit unterschiedlichen Entwicklungsschritten und individuellen Ausprägungen.  Dies gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Autismus-Spektrums-Störung.
Der Workshop bietet Denkanstöße zum Thema Sexualität, zur eigenen Haltung und zum professionellen Umgang mit sexuellen Äußerungen und Wünschen von betroffenen Menschen.
Im Kontext des Autismus-Spektrums tauchen häufiger Themen oder Problematiken wie Kommunikationsprobleme, sexualisiertes Verhalten in der Öffentlichkeit, grenzüberschreitende Handlungen, ungewöhnliche sexuelle Präferenzen oder auch Unsicherheiten in Bezug auf die eigene Geschlechtsidentität bzw. Transidentität auf.
Wir beschäftigen uns an einigen Stellen vertiefter mit einigen Aspekten von Sexualität und nehmen dabei auch Lebensbedingungen und Lebenswirklichkeiten in den Blick.
Eine gemeinsame Sammlung zu Themen, Herausforderungen und möglichen Unterstützungs- und Lösungsideen zum Umgang mit sexuellen Äußerungen und Handlungen des Menschen mit Autismus zeigt die Bandbreite von sexuellen Realitäten auf.
Dies kann zu einem besseren Verständnis von allgemeinen Zusammenhängen und individuellem Verhalten beitragen.
Gerne können eigene Erfahrungen und einzelne Situationsbeschreibungen eingebracht werden und bereichern den Workshop, aber auch ein grundsätzliches Interesse ohne konkrete Fragenstellungen ist willkommen.

WS-F

Sexualbegleitung und Sexualassistenz als Chance zu mehr Selbstbestimmung

Referent:innen:
Pia Hoffmann
Empower Sexualbegleiterin und Sexualberaterin ISBB, Duisburg

Thomas Äffner
Sexualbegleiter ISBB, Mobile Praxis für Entspannung, Duisburg

Jeder Mensch hat das Recht selbst über seine Sexualität zu bestimmen – aber nicht jedem ist es möglich, einen passenden Partner zu finden, mit dem das auch auszuleben ist.
Menschen, die auch sonst auf Assistenz angewiesen sind, brauchen auch auf sexuellem Gebiet professionelle Hilfe: Sexualassistenz.
Menschen, die noch keine (positiven) Erfahrungen auf sexuellem Gebiet gemacht haben, brauchen Übungspartner, mit denen sie entsprechendes Verhalten lernen und einüben können: Sexualbegleitung. Sexualbegleitung ist auch ein emanzipatorisches Angebot, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sexualbegleitung ist Empowerment.
Wir stellen unsere Arbeit vor, berichten aus der Praxis von konkreten Erlebnissen und Ergebnissen und beantworten gerne Ihre Fragen.

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