Kurzbeschreibung der Workshops
Körperlichkeit und Sexualität bei Menschen mit Komplexer Behinderung
Hamburg, 26. und 27. April 2024
WS-A
Sexualbegleitung und Sexualassistenz als Chance zu mehr Selbstbestimmung
Referent:innen:
Pia Hoffmann
Empower Sexualbegleiterin und Sexualberaterin ISBB, Duisburg
Thomas Äffner
Sexualbegleiter ISBB, Mobile Praxis für Entspannung, Duisburg
Jeder Mensch hat das Recht selbst über seine Sexualität zu bestimmen – aber nicht jedem ist es möglich, einen passenden Partner zu finden, mit dem das auch auszuleben ist.
Menschen, die auch sonst auf Assistenz angewiesen sind, brauchen auch auf sexuellem Gebiet professionelle Hilfe: Sexualassistenz.
Menschen, die noch keine (positiven) Erfahrungen auf sexuellem Gebiet gemacht haben, brauchen Übungspartner, mit denen sie entsprechendes Verhalten lernen und einüben können: Sexualbegleitung. Sexualbegleitung ist auch ein emanzipatorisches Angebot, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Sexualbegleitung ist Empowerment.
Wir stellen unsere Arbeit vor, berichten aus der Praxis von konkreten Erlebnissen und Ergebnissen und beantworten gerne Ihre Fragen.
WS-B
Körperlichkeit und Selbstbestimmung – Vertiefung und Diskussion zum LIS-Konzept
Referentin:
Ilona Westphal
M. Ed. Sonderpädagogik, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Inklusive Bildungsprozesse bei geistiger und mehrfacher Behinderung an der Universität Erfurt
Im Rahmen der Sexualitätsbegleitung im Kontext Komplexer Behinderung stellen sich folgende Fragen: (a) Wie kann sexuelle Selbstbestimmung und sexuelles Erleben bei Personen, die sich nicht eindeutig mitteilen können, gezielt gefördert werden? und (b) Wie kann sexuelle Selbstbestimmung und sexuelles Erleben für die Personengruppe gemäß individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung der persönlichen Wünsche ermöglicht bzw. gewährleistet werden? Als mögliche Antwort wird das LIS-Konzept vorgestellt, das auf vier Handlungsebenen basiert: (1) sexuelle Bildung von Personen mit Komplexer Behinderung, (2) Schulung direkter Betreuungspersonen, (3) direkte Erhebung persönlicher Faktoren, die Lust und Interesse auslösen, sowie die Erhebung persönlicher Stärken, (4) indirekte Erhebung persönlicher Faktoren mithilfe kriteriengeleiteter Fragen zu Lust, Interesse und individuellen Stärken im multiplen-Stellvertreter*innen-System. Das Konzept befindet sich derzeit in der Entwicklung. Gemeinsam schauen wir uns den LIS-Fragenkatalog an und diskutieren Grenzen, Herausforderungen und Gelingensbedingungen der Umsetzung.
WS-C
Umgang mit Körperlichkeit, Scham und Ekel in Pflegesituationen
Referentin
Dr. Helga Schlichting
Förderschullehrerin am Schulzentrum "Janusz-Korczak", wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Leipzig
Pflegehandlungen beziehen sich auf den Körper eines Menschen, wirken auf dessen Wohlgefühl, greifen aber auch in Intimzonen ein und berühren damit seine Sexualität.
Ein achtsamer und wertschätzender Umgang mit dem Körper eines Menschen mit Komplexer Behinderung in Pflegesituationen kann wesentlich zu einem positiven Körpererleben und zu Wohlbefinden beitragen. Eine kompetenzorientierte Pflege eröffnet Möglichkeiten, die Pflege mitzugestalten und mitzubestimmen. Des Weiteren können Menschen während Pflegehandlungen vielfältige Körpererfahrungen sammeln bzw. können dazu ermutigt werden, den eigenen Körper zu erkunden. Dies alles trägt zur Entwicklung eines positiven Körper- und Selbstbildes bei.
Pflegetätigkeiten vollziehen sich in verschiedenen Intimzonen. Insbesondere der Eingriff in den Genitalbereich der gepflegten Person kann als besonders intim wahrgenommen werden, da dieser nicht nur Ausscheidungsfunktion hat, sondern auch mit Sexualität und Erotik in Verbindung gebracht wird. Pflegemaßnahmen in diesem Bereich können deshalb mit Schamgefühlen auf Seiten des Gepflegten als auch der Pflegeperson einhergehen. Ebenso kann insbesondere der Umgang mit Körperausscheidungen als belastend erlebt werden und Ekelgefühle auslösen. Im kollegialen Dialog soll im Workshop darüber nachgedacht werden, wie solchen Situationen im Team begegnet werden kann.
WS-D
Somatischer Dialog: Berührung und Begegnung in der Basalen Stimulation
Referentin:
Uta Reimers
Kinderkrankenschwester, Palliativecarefachkraft, Praxisbegleiterin für Basale Stimulation, Hamburg
Kommunikation besteht nicht nur aus verbalen, sondern auch aus weiteren Ausdrucksmöglichkeiten:
- Gestik und Mimik
- Bewegung, Haltung, Körperspannung (Körpersprache)
- Atemrhythmus
Bei Menschen mit schwersten Behinderungen liegen auch hier Beeinträchtigungen vor, denn Gestik, Mimik, Körpersprache und Atmung sind so anders, dass sie eine Irritation in unseren Verstehensmöglichkeiten hervorrufen.
Dennoch gibt es eine gemeinsame Kommunikationsbasis zwischen Schwerstbeeinträchtigten Personen und den sie betreuenden Menschen. A. Fröhlich findet diese Basis im Vergleich zum „somatischen Dialog“, auf dem auch die Kommunikation zwischen Mutter und Kind im Säuglingsalter beruht.
Schwerstbeeinträchtigte Menschen sind oft nur über den Körperkontakt in der Lage, die Mitteilungen des anderen wahrzunehmen und vielleicht auch zu verstehen. Für die Begleitung schwerstbehinderter Menschen bedeutet das die Herstellung einer Beziehung mittels
- Händen
- Körper
- Stimme
Doch wie können wir eindeutig kommunizieren? Woran erkenne ich, ob mich mein Gegenüber versteht? Dass wir in Kommunikation sind? Diese und weitere Fragen werden wir im Workshop beantworten und uns in verschiedenen Berührungsqualitäten üben.
Bleib berührt!